Da Gaslighting ein Problem ist, mit dem viele Autisten, aber auch Menschen mit ADHS, kämpfen und das für sie oft schwer zu erkennen ist, versuche ich über die kommenden Wochen Einzelsituationen zu benennen und zu analysieren, um anderen zu helfen, destruktive Muster in Partnerschaften, Freundschaften oder familiären Zusammenhängen schneller und besser zu erkennen.
Die Protagonisten:
GL: Der Gaslighter
Anna: eine Person, die Gaslighting erlebt.
Der ungefähre Ablauf:
Durch ein Versäumnis oder Vernachlässigung des Gaslighters entsteht eine Situation, die eigentlich leicht und mit extrem geringen Aufwand zu beseitigen ist. Es ist eigentlich nicht mehr als guter Wille nötig.
Eigentlich entwickelt sich das Gespräch hin zu einer Einigung, bis der Gaslighter final zustimmt:
GL: „Dann werde ich sehen, wie ich mir das schön rede.“
Anna: — fällt nun über die feindselige Formulierung aus allen Wolken — „Warum ist das jetzt ein Problem?“
GL: „Es ist kein Problem. Ich habe doch gesagt, dass ich es mir schön reden kann.“
Anna: „Aber das klingt doch, als wäre es ein Problem für, wenn du dir etwas schön reden musst, dann stimmt doch etwas nicht?“
GL: „Wirf mir nicht vor, was ich nicht getan habe. Es heißt nur, ich kann es mir schön reden.“
Analyse:
Auch das ist relativ typisch für Gaslighting, dass zwischen dem Sagen und Handeln des Gaslighters stetig eine Lücke klafft.
„Sich etwas schön reden“ ist definitiv keine neutrale Formulierung, sondern transportiert den Unwillen und die Laune des Gaslighters, drückt diese ungefiltert auf das Gegenüber durch.
Die Formulierung des Gaslighters soll treffen und sie trifft ins Mark.
Gleichzeitig stellt der Gaslighter es aber so dar, als wäre die Formulierung neutral und Annas „Vorwürfe“ deswegen substanzlos.
Er versucht es so darzustellen, als fände die verbale Attacke auf Anna nur in deren Kopf statt.
Gleichzeitig schafft er es das „schön reden“ so oft zu wiederholen, um den negativen Eindruck zu vertiefen und also mit mehreren Treffern nachzusetzen.
Anna hat ihn in eine Situation gebracht, in der er die Kontrolle verloren hat, bzw. er hätte zugestehen müssen, dass die Ausgangssituation auf Grund seines Verhaltens entstanden ist. Obwohl der Anlass nichtig und die Lösung denkbar simpel ist, bringt ihn die Situation, ein Zugeständnis machen zu müssen, so auf, dass er gegen Anna austeilt und in der Folge nicht einlenkt, sondern weiter austeilt.
Das Gaslighting-Muster „das Negative ist nur in deinem Kopf/du bildest es dir nur ein“ wird hier verstärkt, während der Gaslighter Anna gleichzeitig signalisiert, dass ihn auch simple Probleme unberechenbar machen und sie daher besser nicht mit ihren Problemen ankommen soll.
Gaslighting entsteht durch viele derartige Einzelsituationen, die, jede für sich genommen, eigentlich nicht besonders problematisch wirken und die auch einfach auf einem Missverständnis oder Kommunikationsfoo basieren könnten. Erst, wenn man einen Schritt von den Einzelsituationen zurücktritt und sich beispielsweise die Häufigkeit oder die Art dieser „Mißverständnisse“ ansieht, wird das destruktive Muster klar.