Weder AD(H)S noch das Asperger Syndrom muß sich über den Mangel an Entstehungslegenden beklagen. Die Erklärung ‚Das ist halt so, es ist angeboren. Hauptsächlich Genetik‘ scheint nur bei Syndromen opportun zu sein, die mindestens schon zu Archimedes Zeiten bekannt waren. Diese gesellschaftliche Verweigerungshaltung gegenüber einer wissenschaftlich fundierten Erklärung, zusammen mit einer krankhaften Fixierung auf die Ernährung der Anderen, kann ja nicht gut gehen.
Daher sind es immer irgendwelche Nahrungsbestandteile oder Ernährungsweisen, die wahlweise für AD(H)S und/oder Autismus verantwortlich sind oder fehlen. Und folgerichtig ist die alleinglückseligmachende Lösung aller Probleme eine angepasste Diät und/oder teure Nahrungsergänzungsmittel. Weil das Leben mit AD(H)S oder Autismus alleine ja noch nicht kompliziert genug ist. Aber weil natürlich keiner dieser tollen Diätvorschläge je den gewünschten Effekt, geschweige denn eine abschließende Lösung bringt – ACH! – erlebt auch das Ernährungs-Meme so seine Moden.
Vor ~15 Jahren waren es die Phosphate und Mütter trieben doppelten und dreifachen Aufwand für die zappeligen Kids auch ja phosphatfrei zu kochen. Danach wollten findige Geschäftsleute stinkenden Blaualgen-Schlamm aus Salzseen an Bedürftige verklappen. Dann sollte es Omega 3 richten, wahlweise auch der Verzicht auf Gluten. Wenn das nicht klappt, dann Zink oder Magnesium. Das bei den Betroffenen kein Mangel zu entdecken war … geschenkt. Wie Dr. Martin Winkler berichtet, treten wir nun in die nächste Mem-Phase ein. Vitamin B6 soll es nun sein. Na dann.
Das einzig Positive an dem Ernährungs-Meme ist die Tatsache, dass bessere Ernährung noch keinem geschadet hat. (Und erst recht nicht den Geldbeuteln der Händler von Nahrungsergänzungsmitteln.) Aber wenn ich für jedes ‚Hast du schon mal versucht auf Gluten zu verzichten‘ einen Euro bekäme, würde ich mich zur Ruhe setzen.